Ein Obdachlosen-Zeitungsverkäufer unterhält den Hof mit seinem hysterischen Geschwätz. Er wirkt wie ein Darsteller aus einem Andreas-Dresen-Film, der method acting-mäßig einfach nicht los kommt von seiner Rolle. Was den Knilch nicht daran hindert, vollkommen von der Rolle zu sein: Anstatt sich endlich zu verfatzen, beschimpft er die Bullen.
(Meine favorisierte Sorte Bullen im Übrigen, die, solange sie keiner braucht, auch nirgends zu sehen sind.)
Als dies bei seiner Zuhörerschaft, fetten, verschwitzen Rammstein-Shirts mit Berliner Weisse Grün/Rot samt Schnäpsen vor sich stehend – und mir, ebenfalls recht beleibt und vor einer Nille Grauburgunder hockend – nur bedingt ankommt, schaltet das Männlein blitzschnell um und nimmt sich plötzlich das Sicherheitspersonal vom Berliner Hauptbahnhof vor. (Welches ebenfalls geschlossen durch Abwesenheit glänzt.)
Irgendwie war unsere Erzähl- oder besser, Schrei-Labertasche mit einem Exemplar aus dieser Truppe aneinandergeraten und der eine poor bastard hatte dem anderen, aufgrund seiner Position, Uniform whatever, Hausverbot erteilen wollen und ihn dabei versehentlich angehaucht:
“Echt jetzt, du hast ‘ne Fahne im Dienst?”
Unser Superhero ist natürlich durchgedreht und hat nach einem anderen “Security-Arsch” verlangt.
“Sie sind betrunken, ich bin nüchtern! Da können ‘se gleich ‘nen verdammten Test könnse da machen! Ick trink nur Cola auf Eis. Am liebsten mit Zitrone! Von Ihnen jedenfalls, lass ick mir jar nüscht sagen!”
Soweit, so vorhersehbar. Zum Schluss brüllt dieser dünne Draht allerdings etwas recht bemerkenswertes in den Berliner Himmel von 2020:
“Was will der denn machen! Der Scheißbulle! Die Leuten lieben Geschichten, in denen die Scheiß-Bullen die Buhmänner sind! Der wird sich hüten! Genau wie diese Prominenten … die einen Namen haben und den um nix in der Welt verlieren wollen! Die sollen nur mal was versuchen, dann erzähl ick denen, also denen von der Zeitung, meinen Teil der Geschichte. Dann sind die allesamt noch mehr im Arsch als ick. Und ick leb auf der Straße!”