Allein in der dunklen Wohnung, im dritten Stock des Gründerzeithauses auf der Stollestraße. Die Nacht macht ihn zu ihrer ganz persönlichen Angelegenheit. Die Eltern sind im Theater. Wenn sie ausgehen, dann immer ins Theater. Die einsame Straßenlaterne an der Ecke spendet genug Licht um zu sehen, dass es stockduster ist. Er ist hellwach, es kann unmöglich sein, dass er jemals wieder einschlafen wird. Kaltes Grauen … Was soll das bitte sein? Nein, er hat einfach Schiss, seine Stirn fühlt sich heiß und feucht an. Hölzerne Fasern in der Pressspan-Platte an der Rückseite seines Klappbettes erwachen zum Leben. Ist da überhaupt Holz drin? Millionen kleiner Insektenbeine flirren und zappeln in der Dunkelheit. Jahre später wird jemand sagen, dass, wenn Nachts die Ameisen kommen, es ein Zeichen von Einsamkeit ist. Im Moment hat er davon keine Ahnung. Seine Augen sind weit aufgerissen und die Show beginnt: Die Schatten tanzen ihren Voodoo auch in der DDR. Etwas in seiner kleinen Seele frisst sich durch und weg. Es wird nicht zurückkommen. Wie Wind am Meer, kommt pure Angst auf. Sie findet Geschmack an ihm und beschließt zu bleiben.