Zwei Skinheads fallen ein, total besoffen. Ist mittlerweile Mittags, die Kneipe sonnendurchflutet.
“Seid ihr schon die ganze Nacht unterwegs?”
“Nee, wir sind eben erst aus’m Bettchen gekrabbelt, du Pansen!”
Einen von ihnen kenne ich seit, keine Ahnung, 20 Jahren? Netter Kerl. Manchmal ein Blödmann. Wenn er dicht ist. Der andere ist doppelt so groß und viermal so breit. Sieht null wie ein Blödmann aus.
Ich versinke im Schreiben, bis es eine halbe Stunde später laut wird: Der große Glatzenmann hat den kleinen, meinen alten Bekannten, zu Boden geschlagen und hängt Fäuste schwingend über ihm:
“Und wenn du zehnmal mein bester Kumpel bist: Ich mach dich platt, wenn du hier den Hitlergruß zeigst! Den Hitlergruß! Bist du eigentlich völlig verblödet?”
Unruhe an der Theke. Die alte Lady die den Laden sauber hält, trötet: “Ruhe! Setzt Euch hin! Keinen Ärger, setzt Euch hin und seid still!”
Was beide tun. Der Große braucht Zeit, um sich zu beruhigen, der Kleine rappelt sich irgendwie auf und geht ab, ab in die Heia.
Ein großer, zirka fünfzigjähriger Klops, Typ Malermeister, stürzt aus dem Kabuff mit den Spielautomaten. Er stolziert durch den Barraum, als hätten die’n Seil gespannt, gurgelt bratzig seine Stimmbänder frei und spult seinen Text ab, den die Alte von der Theke sogleich übernimmt. Dünnschiss in Stereo total: Jeder könne doch seine Meinung haben. Jede habe ein Recht auf ihre eigene Meinung. ‘Hey! Ich! Hier! Ich habe auch meine Meinung, ihr Vollhonks!”
Und schwarzbraun ist die Haselnuss.
Again & again – bis es alle begriffen haben.
Außer dem Großen in der Ecke.
Der hat es offenbar schon eher in seinem Leben begriffen: “Passt ma uff, ihr Spackos! Der Hitlergruß ist keine Meinung. Soweit sind wir noch nicht … äh, wieder!”
Der Malermeister kriegt sich nicht ein: In seiner Stammbutze wird ein Mann niedergeschlagen, nur weil er den Hitlergruß gezeigt hat?! Er erträgt es nicht. Er sieht an sich runter, auf Arme, Fäuste und Wampe, dann schielt er verstohlen auf den Bizeps des 20 Jahre Jüngeren an der Bar. Wiederholt murmelnd seinen Text. Naja, Schamane oder so, wird er wohl nich’ mehr werden. Wenn doch nur zwei oder drei, gern auch zehn weitere Kameraden da wären, hätte er’s sowas von riskiert!
So hingegen trollt er sich und hält irgendwann seinen Drecksrand. Und ich? Was hätte ich riskiert?
Als die Kellnerin kommt, ordere ich ein Doppelten zum Bier.